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Verjährungsabkommen BSV/SLK/Suva

Verjährungsabkommens BSV/SLK/Suva 2022

Präambel

Das vorliegende Abkommen bezweckt, die Regresserledigung zwischen den Teilnehmern des Abkommens durch eine von der Rechtslage abweichende, klare Verjährungsregelung zu vereinfachen. Den Teilnehmern ist bewusst, dass das für die Schweiz per 1. Januar 2020 in Kraft getretene neue Verjährungsrecht in Bezug auf das Vorausverzichtsverbot eine unklare Regelung enthält, indem das Gesetz in Art. 141 Abs. 1 n OR die Abgabe einer Verjährungseinredeverzichtserklärung erst «ab Beginn der Verjährung» zulässt. Die Parteien legen diese Klausel einhellig so aus, dass der Beginn der absoluten Verjährungsfrist (und damit der Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses) für die Zulässigkeit einer Verjährungseinredeverzichtserklärung massgeblich ist.

Verjährungsmodalitäten

In diesem Sinne legen sie folgende Verjährungsmodalitäten fest:


Zwischen den Teilnehmern regelt ausschliesslich das Abkommen die Verjährung von Regressforderungen von Sozialversicherungsträgern (AHV/IV, Suva, Unfallversicherungen, obligatorischen Krankenpflegeversicherungen sowie Trägern der beruflichen Vorsorge) gegen Haftpflichtversicherungen, dies nach Schweizerischem oder Liechtensteinischem Recht für den eigenen Versichertenbestand bzw. für den Nationalen Garantiefonds die Haftpflichtrisiken gemäss Art. 76 SVG.


Privatversicherungsregresse (Rückgriffe von Eigenschadenversicherungen auf Haftpflichtversicherungen, Rückgriffe zwischen Haftpflichtversicherungen sowie Ausgleichsforderungen zwischen Privatversicherungen aufgrund von Mehrfach- und Doppelversicherung) bilden nur soweit Gegenstand des vorliegenden Abkommens, als es sich bei den Regressforderungen um solche aus Personenschäden handelt. Die Verjährung von Sach- und Vermögensschäden richtet sich nur dann nach diesem Abkommen, wenn die geschädigte Person gleichzeitig einen Personenschaden erlitten hat.


1. Der Haftpflichtversicherer (bzw. der angegangene Privatversicherer im Falle von Mehrfach- und Doppelversicherung) verzichtet im Rahmen der Deckung für sich und namens seines Versicherten auf die Verjährungseinrede, sofern ihm (oder notfalls seinem Versicherten) der Regressanspruch innert dreier Jahre ab dem schädigenden Ereignis schriftlich angemeldet wurde. Für den Regress der AHV/IV und die Träger der beruflichen Vorsorge beginnt diese dreijährige Frist an dem Tag zu laufen, an dem die Anmeldung zum Leistungsbezug bei den zuständigen Organen der AHV, der IV (Ausgleichskassen oder IV-Stellen) oder beim Träger der beruflichen Vorsorge eingeht.


2. Wird dem regressierenden Versicherer erst später als drei Jahre nach dem schädigenden Ereignis der Schadenfall gemeldet, so kann er dem Haftpflichtversicherer den Regress innert einem Jahr ab Eingang der Schadenmeldung nachmelden. Das Gleiche gilt, wenn erst nach Ablauf der dreijährigen regulären Ankündigungsfrist gemäss Ziff. 1 eine Regresskonstellation entsteht oder bekannt wird, die trotz sorgfältiger Regressbearbeitung nicht früher erkannt werden konnte oder wenn die Leistungen des regressierenden Versicherers erst nach Ablauf dieser Frist eine anwendbare abkommensrechtliche Bagatellgrenze übersteigen. Die einjährige Nachmeldefrist beginnt mit Kenntnis der Regresskonstellation bzw. im Zeitpunkt der Ausrichtung der Leistung, die zum Übersteigen der abkommensrechtlichen Bagatellgrenze führt. In allen Fällen ist eine Nachmeldung des Regresses nur bis zehn Jahre nach dem Tag des schädigenden Ereignisses zulässig.


3. Nach Ablauf der Ankündigungsfrist und einer allfälligen Nachmeldefrist im Sinne von Ziff. 2, spätestens aber nach Ablauf von zehn Jahren ab schädigendem Ereignis bzw. für den Regressanspruch der AHV/IV sowie der Träger der beruflichen Vorsorge ab Eingang der Anmeldung zum Leistungsbezug verzichtet der regressierende Versicherer auf die Geltendmachung von Regressansprüchen, es sei denn, er verhindert den Verjährungseintritt durch das rechtzeitige Einholen eines Verjährungseinredeverzichts oder durch verjährungsunterbrechende Massnahmen.

 

Die AHV/IV sowie die Träger der beruflichen Vorsorge verzichten zudem unabhängig vom Zeitpunkt der Anmeldung zum Leistungsbezug nach Ablauf von fünfzehn Jahren ab schädigendem Ereignis auf die Geltendmachung von Regressansprüchen, sofern sie nicht rechtzeitig einen Verjährungseinredeverzicht einholen oder verjährungsunterbrechende Massnahmen ergreifen.

 

Der Empfänger einer Verjährungseinredeverzichtserklärung darf davon ausgehen, dass die Erklärung rechtswirksam und unter Wahrung der geforderten gesetzlichen und gesellschaftsinternen Vorgaben erstellt wurde. Eine Berufung auf die Ungültigkeit einer abgegebenen Verjährungseinredeverzichtserklärung wird ausdrücklich als rechtsmissbräuchlich qualifiziert.


4. Für Regresse, die am 1. Januar 2020 (Zeitpunkt des Inkrafttretens des Verjährungsabkommens 2020) bereits angekündigt waren und bei denen nach den Regelungen vor dem 1. Januar 2020 die Verjährung noch nicht eingetreten war oder lückenlose Verjährungsverzichtserklärungen vorlagen, verzichtet der Haftpflichtversicherer während zehn Jahren ab 1. Januar 2020 auf die Einrede der Verjährung. Für alle nach dem 1. Januar 2020 angekündigten Regresse gelten die Verjährungsregelung dieses Abkommens.


Für Fälle der AHV/IV mit Ereignisdatum ab 1. Januar 2010, die nach den gesetzlichen Verjährungsregeln noch nicht verjährt sind, gilt ein einjähriges «Nachmelderecht» mit der Folge, dass im Nachmeldungsfalle die Verjährungsregelung dieses Abkommens gilt. Die einjährige Frist läuft ab Beitritt des Haftpflichtversicherers, frühestens aber ab 1. Januar 2020. Träger der beruflichen Vorsorge verfügen über ein analoges einjähriges Nachmelderecht ab Beitritt zu diesem Abkommen. Dieses Abkommen ist auf im Zeitpunkt des Inkrafttretens per Saldo erledigte Regresse nicht anwendbar.

 

5. Diesem Abkommen kann jeder Sozial- und Privatversicherer mit Sitz in der Schweiz oder im Fürstentum Liechtenstein sowie der Nationale Garantiefonds der Schweiz oder des Fürstentums Liechtensteins beitreten. Die Beitrittserklärung hat rechtsgültig unterzeichnet zu Handen des Schweizerischen Versicherungsverbands zu erfolgen. Dieser stellt eine aktuelle Liste der Teilnehmer im Internet zur Verfügung.

 

Betreibt ein Versicherer mehrere Versicherungsbranchen, so gilt die Beitrittserklärung immer für alle Branchen.

 

Zwischen beigetretenen Sozial- und Privatversicherern gehen die Verjährungsregelungen des vorliegenden Abkommens denjenigen der «Vereinbarung zwischen der HMV und dem BSV betreffend Verjährungsverzicht vom 1.1.1982», denjenigen des «UVG-Regressabkommens 2001» und denjenigen des «Abkommens betreffend Verzicht auf Regressansprüche und Verjährungseinrede der Schadenleiterkommission» vor.


Die Verjährungsregelungen des vorliegenden Abkommens bleiben auch dann anwendbar, wenn der regressierende Versicherer in Einzelfällen trotzdem Verjährungseinredeverzichtserklärungen verlangt.


6. Die Verjährungsmodalitäten dieses Abkommens gelten zwischen den beigetretenen Gesellschaften grundsätzlich mit der beidseitigen Beitrittserklärung, frühestens jedoch ab 1. Januar 2020.

 

7. Jede Vertragspartei hat das Recht, dieses Abkommen unter Einhaltung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist auf das Ende eines Kalenderjahrs zu kündigen. Die Kündigung hat rechtsgültig unterzeichnet zu Handen des Schweizerischen Versicherungsverbands zu erfolgen. Dieser informiert sämtliche Vertragsparteien über die Kündigung. Für sämtliche pendenten Schadenfälle sowie für Fälle, die sich zwischen der Kündigung und dem Austritt aus dem Abkommen ereignen, richtet sich die Verjährung weiterhin nach den Regeln des vorliegenden Abkommens.

Zusatz zur Erweiterung auf Vorsorgeeinrichtungen und den Fristlaufbeginn

Empfehlungen gemeinsame Arbeitsgruppe BSV/SLK/Suva Nr. 14/2023 vom 1.1.2023 (Volltext)

 

A.


Die gemeinsame AG BSV/SLK/Suva präzisiert den im allg. Verjährungsabkommen 2022 verwendeten Terminus «Träger der beruflichen Vorsorge» folgendermassen:

  1. Das Abkommen gilt für die obligatorische wie auch für die nicht obligatorische berufliche Vorsorge.
  2. Bei den Trägern der beruflichen Vorsorge gilt als Anmeldung zum Leistungsbezug jede Art des rechtsverbindlichen Kenntniserhalts, der die Prüfung der Leistungspflicht gemäss Gesetz und Reglement auslöst, und zwar unabhängig von einer bestimmten Form der Anmeldung.

B.


Im Zusammenhang mit der Formulierung gemäss Ziff. 2 oben wird davon ausgegangen:

  1. Die Anmeldung zum Leistungsbezug kann im Vorsorgesystem von irgendwoher kommen (Arbeitgeber, versicherte Person, IV, UV, KTG …)
  2. Die Anmeldung zum Leistungsbezug muss für die Vorsorgeeinrichtung rechtsverbindlich sein, d.h. sie muss zur Prüfung der Leistungspflicht führen und am Ende zur Zusprache oder Ablehnung von Leistungen führen.
  3. Welche Leistung (Invaliden-, Todesfallleistung oder «Prämienbefreiung» …) am Ende des Prüfungsprozesses ausgerichtet wird, spielt für die Fristauslösung gemäss Verjährungsabkommen keine Rolle.
  4. Ebenso irrelevant ist die Form der Anmeldung.

C.


Diese Empfehlung schafft eine Übergangslösung bis zur Einarbeitung dieser Bestimmungen in die nächste Version des Abkommenstexts und gilt bis zur Aufhebung dieser Empfehlung oder bis zur Kündigung des Verjährungsabkommens..